Inflation bedroht Private Krankenversicherungen

Weil die Zinsen am Kapitalmarkt aktuell sehr niedrig sind, gerät auch die Private Krankenversicherung in dieses Zinsloch. Im Interview mit dem „Handelsblatt“ rät der Gesundheitsökonom Jürgen Wasem, den Zins für die Versicherten zu senken. Die Folge davon wäre jedoch eine zum Teil deutliche Beitragserhöhung. Nach Aussage von Jürgen Wasem sieht die Kalkulation der privaten Krankenversicherer trotz der Bildung von Rücklagen keinen Ausgleich der Inflation vor. Die sogenannten Inflationsannahmen fehlen demnach in den Berechnungen der Privaten Krankenversicherer (PKV).

Berechnungsmodelle in der PKV unzulänglich?

Zudem nehmen die privaten Krankenversicherungen nach Angaben von Wasem an, dass es keinen kostenintensiven medizinischen Fortschritt geben würde. Zudem wird die Verlängerung des Lebensalters nicht in die PKV-Beitragsberechnungen mit einbezogen. Es wird somit der Anschein von Beitragsstabilität und niedrigen Beiträgen gewahrt, bei den derzeitigen Berechnungsmodellen dürfte dies jedoch als Bumerang auf die PKV zurückkommen. Jürgen Wasem bezweifelt in dem Interview mit dem „Handelsblatt“ zudem, dass die PKV-Versichrer langfristig 3,5 Prozent auf dem Kapitalmarkt erwirtschaften können, damit die Altersrückstellungen gesichert sind. Aus diesem Grund stellt die Versicherungsbranche derzeit auch den Zinssatz von 3,5 Prozent infrage.

Jürgen Wasem: PKV hat Inflationsproblem

Nach Wasem hat die Private Krankenversicherung zwei Probleme. Erstens gilt es als fraglich, ob der selbst vorgegebene Zinssatz von 3,5 Prozent überhaupt erwirtschaftet werden kann, zum anderen stellt sich das Problem, ob zudem noch Geld für den Inflationsaugleich vorhanden ist. Bei einem erwirtschafteten Betrag unterhalb der 3,5 Prozent ist allerdings zum Inflationsaugleich erst recht kein Geld mehr zur Verfügung, so Wasem. Bei einer Inflation von zwei Prozent würden somit selbst bei Erreichen des Ziels von 3,5 Prozent oder von vier Prozent nur rund 0,45 Prozent in die Altersrückstellungen fließen. Dies ist zur Sicherung des Systems PKV auf Dauer zu wenig.

Ziel der Altersrückstellungen in der PKV ist es, im Alter Teilbeträge des monatlich aufzuwendenden Beitrages für das Alter zurückzulegen, um im Alter den Beitrag stabil halten zu können. Wasem empfiehlt, den Rechnungszins auf 2,5 Prozent abzusenken. Bei der Lebensversicherung liegt der garantierte Zins derzeit bei 1,75 Prozent. Eine Absenkung des Rechnungszinses bedeutet jedoch im Umkehrschluss eine Beitragserhöhung.

Opposition fordert Bürgerversicherung

Experten erwarten in diesem Fall einen zweistelligen Anstieg des Beitrages zur PKV. Die PKV könnte dabei ihr Neukundengeschäft jedoch quasi begraben, da sich die bisherige Negativpresse durch den daraus resultierenden Beitragsanstieg noch einmal potenzieren würde. Die Private Krankenversicherung steckt somit quasi in einer Inflationsfalle, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint. Die derzeitige Opposition im Bundestag fordert derweil weiterhin die Bürgerversicherung. Die Linke will die PKV sogar komplett abschaffen und nur für Zusatzversicherungen zulassen. Die Argumente von Jürgen Wasem dürften ihr dabei in die Hände spielen.

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