Gericht urteilt: PKV darf Versicherte kündigen

Seit 2009 hat der Gesetzgeber die allgemeine Versicherungspflicht eingeführt. Trotz gesetzlicher Versicherungspflicht darf die Private Krankenversicherung ihren Kunden bei groben Vertragsverletzungen kündigen. Dies bestätigte jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem wegweisenden Urteil. Als Kündigungsgrund ausgeschlossen ist weiterhin der Beitragsrückstand der Versicherungsnehmer.

Allgemeine Krankenversicherungspflicht seit 2009

Seit dem Jahr 2009 besteht für alle Bürger in Deutschland eine allgemeine Krankenversicherungspflicht. Das bedeutet, jeder muss sich in einer Krankenversicherung versichern. Im Gegenzug bedeutet dies für die Versicherer, dass diese in der Regel Versicherte nicht mehr einfach kündigen können. Doch nun urteilte der BGH, dass bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen eine Kündigung seitens des Versicherers, hier vor allem der PKV, gerechtfertigt ist.

BGH: Kündigung bei schwerwiegenden Gründen gerechtfertigt

Der Gesetzgeber wollte mit der 2009 eingeführten Regelung vor allem eine Kündigung wegen Zahlungsrückständen verhindern. Aus anderen schwerwiegenden Gründen ist eine Kündigung jedoch trotzdem möglich, so der BGH. Den von dem Urteil des BGH betroffenen Versicherten verbleibe der Anspruch auf einen alternativen Versicherer und hier vorwiegend im PKV Basistarif. Unkündbar bleibt jedoch die Pflegeversicherung, da es hierfür keine Basistarifvariante gibt. Der BGH hatte in zwei Musterfällen über das Vorliegen von „schwerwiegenden Gründen“ zu urteilen, die eine Kündigung seitens des Versicherers rechtfertigen.

Bundesgerichtshof urteilt in zwei Musterfällen

Im ersten Fall hatte ein Versicherter versucht, seine Private Krankenversicherung zu betrügen. Der Kunde reichte dabei zahlreiche Belege für Medikamente ein. Diese hatte er jedoch selbst weder eingenommen, noch erworben, geschweige denn jemals bezahlt. Der betroffenen Continentale Krankenversicherung entstand dadurch ein Schaden von über 3800 Euro. Die Continentale hatte in ihrer Handlungsweise die Sichtweise des BGH quasi vorweggenommen, indem sie die Krankenversicherung kündigte, nicht jedoch die Pflegeversicherung.

Kündigung der Pflegeversicherung in keinem Fall zulässig

Im zweiten Fall hatte der Versicherte neben der Kranken- und Pflegeversicherung zusätzlich eine Krankentagegeldversicherung abgeschlossen. Geschädigter Versicherer war die Hallesche Krankenversicherung. Der Versicherungsnehmer bezog eine längere Zeit Krankentagegeld. Aus diesem Grunde suchte ein Außendienstmitarbeiter der Halleschen den Kunden auf. Dieser wurde dann vom Kunden mit einem Bolzenschneidegerät angegriffen. Die Hallesche Krankenversicherung kündigte daraufhin sämtliche Verträge, also auch die Pflegeversicherung. Der BGH sah die Kündigung der Krankenversicherung und der Krankentagegeldversicherung als gerechtfertigt an. Die Kündigung der Pflegeversicherung müsse jedoch von der Halleschen Krankenversicherung wieder zurückgenommen werden, so der BGH in seiner Urteilsausfertigung.

PKV: Weiterhin kein Freibrief für eine Kündigung

Die Krankenversicherer in der PKV haben durch die nun gesprochenen Urteile zwar keinen Freibrief für eine Kündigung. Wohl aber reichen nun schwerwiegende Vertragsverstöße wie Betrug oder tätliche Angriffe aus, um einen Versicherten kündigen zu können. Insofern sollten sich Kunden der PKV in jedem Fall nicht als unkündbar betrachten. Lediglich das Problem der Nichtzahler dürfte sich durch das neue Urteil nicht gelöst haben. Diese dürfen auch weiterhin nicht gekündigt werden, sofern ergänzende schwerwiegende Gründe fehlen. Die Aktenzeichen der behandelten Fälle lauten: IV ZR 50/11 und IV ZR 105/11.

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