PKV Nichtzahler-Tarif in der Kritik

Weil rund 144000 Mitglieder in der PKV ihre Beiträge seit drei Monaten oder länger nicht bezahlen, sind bei den privaten Krankenversicherern Beitragsrückstände von rund 550 Millionen Euro aufgelaufen. Seit Einführung der allgemeinen Versicherungspflicht im Jahre 2009 darf die private Krankenversicherung (PKV) ebenso wie die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) säumige Zahler jedoch nicht mehr einfach rauswerfen. Ursprünglich war vorgesehen, dass bei Beitragsrückständen von mehr als einem Jahr die betroffenen Versicherten automatisch in den Basistarif der PKV zurückfallen. Der Basistarif weist ähnliche Leistungen wie die gesetzliche Krankenversicherung auf. Vielen der Nichtzahler scheint diese Leistung jedoch auszureichen, sodass von einem kleinen Teil der Nichtzahler der Anreiz zur Reduzierung der Beitragsschulden nicht vorhanden ist.

Geplanter Nichtzahlertarif: Leistungen nur bei Notfällen

Weil die PKV regelmäßig die aufgelaufenen Summen der Nichtzahler auffangen muss und diese in der Bilanz abschreibt, hat sich der Verband der privaten Krankenversicherer nun hilfesuchend an die Bundesregierung gewandt. Das Ziel ist die Einführung eines Nichtzahlertarifs, der nur bei medizinischen Notfällen infolge einer akuten Erkrankung oder infolge einer Schwangerschaft die damit verbundenen Kosten erstattet. Die Bundesregierung steht den bisherigen Erkenntnissen nach der Einführung eines Nichtzahlertarifs offen gegenüber. Insbesondere die FDP fühlt sich hier der privaten Krankenversicherung verbunden. Der Beitrag des Nichtzahlertarifs soll den bisherigen Erkenntnissen nach etwa 100 Euro monatlich betragen.

Kritiker sehen geplanten Nichtzahlertarif skeptisch

Derweil kommt erste Kritik an dem geplanten Nichtzahlertarif auf. Der Bundestagsabgeordnete der Linken Harald Weinberg sieht beispielsweise eine Vier-Klassen-Medizin voraus. Zudem sei unklar, was denn unter einem medizinischen Notfall überhaupt zu verstehen sei, so andere Kritiker. Zudem sei erwiesen, dass viele der betroffenen PKV-Mitglieder nur kurzfristig Nichtzahler bleiben und durchaus ein Eigeninteresse an der Abtragung der Beitragsschuld besitzen. Durch das Abrutschen in den Nichtzahlertarif könne, so die Kritiker, der „Aufstieg in einen regulären Tarif“ erschwert werden. Zudem gilt das Problem der Nichtzahler als PKV-hausgemacht.

Nichtzahler: Hausgemachte Probleme der PKV?

Viele PKV-Versicherer haben mit Billigtarifen geworben und damit vielfach kleine Selbstständige umworben, die teilweise jedoch weniger erwirtschaften als ein Angestellter und daher bei einer Beitragsanhebung zum Nichtzahler wurden, da sie die erhöhten Beiträge nicht mehr tragen konnten. Einige Kritiker raten den betroffenen Nichtzahlern bereits, die damaligen Prospekte der PKV genau zu studieren.

Wird die Prospekthaftung der PKV zum Verhängnis?

Ziel sei es, der PKV anhand der Prospekthaftung habhaft zu werden. Wenn sich nämlich herausstellt, dass der betroffene Nichtzahler laut beworbenen Prospekt mit einer derart drastischen Beitragsanhebung nicht habe rechnen können, könnte dieser unter Umständen sogar verlangen zu den regulären Bedingungen weiter versichert zu werden. Zumindest sehen dies einige Juristen so. Ungeachtet dessen besitzt auch die gesetzliche Krankenversicherung ein Nichtzahlerproblem. Hier belaufen sich die Rückstände auf rund eine Milliarde Euro. Anders als in der PKV wird dieser Betrag jedoch auf die Solidargemeinschaft umgelegt und fällt deshalb nicht weiter ins Gewicht. Andere Kritiker stellen aus diesem Grund die PKV insgesamt infrage und fordern letztlich auch wegen des Nichtzahlerproblems die Einführung der Bürgerversicherung.

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